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In den harten Straßen von Dortmund offenbart sich eine Geschichte, die viele schockiert, aber auch zum Nachdenken anregt. Ally (Spitzname), ein junges Mädchen, das mit gerade einmal 12 Jahren in die Abhängigkeit von Heroin und Kokain gerutscht ist, lebt auf der Straße. Dieses Interview gibt einen unverblümten und ehrlichen Einblick in ihr Leben, ihre Herausforderungen und ihren Kampf gegen die Sucht – eine Realität, die in unserer Gesellschaft oft unsichtbar bleibt.
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Der frühe Einstieg in die Drogensucht
Ally ist heute 18 Jahre alt, doch ihr Weg begann bereits im Alter von 12 Jahren. In einem Alter, in dem die meisten Kinder noch in der Schule sind und ihre Kindheit genießen, wurde Ally mit schweren persönlichen und gesundheitlichen Problemen konfrontiert. Sie litt unter Magersucht, Depressionen und stand im Verdacht, an einer Borderline-Störung zu leiden. Diese psychischen Belastungen führten dazu, dass sie in eine Klinik eingewiesen wurde.
Doch statt dort die erhoffte Hilfe zu finden, lernte sie Menschen kennen, die sie in die Drogenszene einführten. „Ich habe die falschen Leute kennengelernt und angefangen, am Dortmunder Hauptbahnhof zu chillen. So ist das Ganze dann ins Rollen gekommen“, erzählt sie offen. Das Angebot, Heroin zu konsumieren, kam von außen, und so begann ihr Abstieg in die Sucht.
Der frühe Einstieg ist besonders tragisch, da sich der Konsum in einer wichtigen Entwicklungsphase ihres Lebens festsetzte. In dieser Zeit werden Persönlichkeitsstrukturen gebildet, und eine Abhängigkeit kann das weitere Leben tiefgreifend beeinflussen.

Inhaltsverzeichnis
Wie viel und was konsumiert Elli?
Heute konsumiert Ally Heroin und Kokain, beide inhalativ. Der Konsum ist täglich und intensiv: „Am Tag mindestens 100 Euro“, sagt sie. Eine genaue Menge kann sie selbst nicht benennen, was die Unkontrollierbarkeit der Sucht verdeutlicht. Das Geld für den Konsum kommt meist durch das sogenannte „Schnorren“ zusammen – das heißt, sie bittet andere um Geld oder Unterstützung, um ihre Drogen zu finanzieren.
Interessant ist, dass sie seit ihrem 18. Lebensjahr keine kriminellen Taten mehr begeht, um an Geld zu kommen. Dies zeigt, dass nicht alle Süchtige automatisch kriminell werden, auch wenn die Gefahr besteht. Für Ally ist das ein persönlicher Schritt, nicht mehr auf kriminelle Weise Geld zu beschaffen.

Familiäre Hintergründe und deren Einfluss
Ally stammt aus einer Familie, in der Drogenkonsum keine Ausnahme ist. Ihre Mutter konsumierte ebenfalls Heroin und Kokain – allerdings intravenös – und hat den Konsum beendet, als sie schwanger wurde. Leider verstarb sie vor zwei Jahren an den Folgen einer Leberzirrhose, einer Krankheit, die oft durch langjährigen Drogenmissbrauch verursacht wird.
Ihr Vater konsumiert weiterhin Kokain inhalativ und ist gelegentlich in Dortmund unterwegs. Das Verhältnis zu ihm ist ambivalent: „Mal mehr, mal weniger gut“, sagt Ally. Er macht sich Sorgen um sie, ist aber machtlos, die Situation zu ändern. Die Familie ist für Ally trotz aller Schwierigkeiten ein wichtiger Bezugspunkt. Ihre Oma sorgt sich ebenfalls sehr um sie. Ally ist Einzelkind, was die familiäre Konstellation zusätzlich belastet.
Der Verlust der Mutter und der Umgang mit Trauer
Der Tod der Mutter war ein einschneidendes Erlebnis. Ally beschreibt die ersten Wochen nach dem Verlust als sehr schmerzhaft: „Ich habe die erste Woche oder die ersten zwei Wochen nach ihrem Tod geheult.“ Mittlerweile hat sie gelernt, mit der Trauer umzugehen, auch wenn sie ihre Mutter oft in Gedanken hat. Sie sieht den Tod ihrer Mutter inzwischen auch als eine Erlösung, da diese nur noch gelitten hatte.
Dieser Verlust hat die ohnehin schwierige Lebenssituation von Ally weiter verschärft. Die Trauer, kombiniert mit der Abhängigkeit und der Obdachlosigkeit, macht das Leben für sie zu einer enormen Herausforderung.

Das Leben auf der Straße – eine tägliche Realität
Derzeit lebt Ally auf der Straße. Sie hat keinen festen Wohnsitz und schläft meistens draußen oder – wenn sie Glück hat – bei Freunden oder Bekannten. Ein fester Schlafplatz ist für sie ein Luxus, den sie sich selten leisten kann. Sie beschreibt ihre Lage als „eine Bredouille“ – ein Wort, das ihre schwierige Situation und das Gefühl der Hilflosigkeit ausdrückt.
Der Alltag ist geprägt von Unsicherheit, Kälte und dem ständigen Kampf ums Überleben. Schlafmangel, schlechte Ernährung und die Abhängigkeit von Drogen bestimmen ihr Leben. Dennoch versucht sie, ihre Lage zu verbessern und hat konkrete Pläne:
Sie möchte vor einer erneuten Entgiftung eine eigene Wohnung haben.
Sie will vermeiden, nach einer Entgiftung wieder auf der Straße zu landen, da dies oft zu Rückfällen führt.
Diese Pläne zeigen, dass Ally trotz allem Hoffnung und den Willen zur Veränderung hat. Sie weiß, wie gefährlich es ist, ohne festen Rückzugsort Entgiftungen oder Therapien zu durchlaufen.

Die soziale Isolation und der Verlust alter Kontakte
Durch die Sucht hat Ally ihr altes Umfeld verloren. Sie hat keine Freunde, die nicht konsumieren, und kennt niemanden aus ihrer früheren Zeit mehr. Das soziale Netz ist auf ein Minimum geschrumpft, was die Isolation verstärkt. Die meisten Menschen in ihrem Leben sind ebenfalls Konsumenten, was den Kreislauf der Abhängigkeit oft weiter festigt.
Freunde, die nicht konsumieren, gibt es für sie nicht mehr. Das erschwert den Weg aus der Sucht zusätzlich, da unterstützende, nüchterne Kontakte fehlen.

Das innere Erleben und die Gefühlswelt
Das Gefühl beim Konsum beschreibt Ally als unbeschreiblich, etwas, für das sie keinen Vergleich findet. Dieses Gefühl ist so stark, dass es den Alltag und die Realität überdeckt. Gleichzeitig ist es aber auch eine Flucht vor der Realität, die von Trauer, Schmerz und Einsamkeit geprägt ist.
Wenn man Ally fragt, wie es ihr gerade geht, antwortet sie ehrlich: „Nicht so gut“ und „müde“. Die Müdigkeit ist nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Das Leben auf der Straße, der ständige Kampf mit der Sucht und der Verlust der Mutter hinterlassen Spuren.
